Ratgeber

Typische Fehler bei Produktkennzeichnungen vermeiden

Wer Etiketten drucken lässt, erwartet ein professionelles Ergebnis – doch selbst kleine Fehler bei der Produktkennzeichnung können zu Rückrufen, Umsatzeinbußen oder rechtlichen Konsequenzen führen.

Unklare Anforderungen – der erste Schritt ins Chaos

Die häufigste Ursache für fehlerhafte Produktkennzeichnung liegt nicht in der Technik, sondern in der Planung. Unternehmen definieren ihre Anforderungen oft zu vage: Welche Umweltbedingungen muss das Etikett aushalten? Welche rechtlichen Vorgaben gelten für das Produkt? Muss die Kennzeichnung dauerhaft haften oder rückstandsfrei entfernbar sein?

Wenn solche Fragen zu spät gestellt werden, ist das Risiko hoch, dass falsche Materialien, ungeeignete Klebstoffe oder das falsche Druckverfahren gewählt werden. Besonders bei industriellen Anwendungen wie Chemikalien, Elektronik oder Lebensmitteln können daraus schwerwiegende Folgen entstehen. Der entscheidende Fehler: Es wird zu viel über Design und zu wenig über Funktion nachgedacht.

Falsche Materialwahl – wenn Etiketten versagen

Ob Papier, PE, PET oder PVC – das Etikettenmaterial muss zur Anwendung passen. Viele Unternehmen wählen Standardlösungen, obwohl ihr Produkt besondere Anforderungen stellt. Ein Beispiel: Auf Ölkanistern werden häufig Papieretiketten verwendet, die sich bei Kontakt mit dem Inhalt ablösen – ein Klassiker unter den Praxisfehlern.

Materialauswahl bedeutet mehr als Haptik oder Optik. Temperaturbeständigkeit, UV-Stabilität, Feuchtigkeitsresistenz und chemische Belastbarkeit sind zentrale Kriterien. Wer Etiketten drucken lässt, sollte die spätere Umgebung der Etiketten genau beschreiben – nur so kann der Anbieter die richtige Kombination aus Trägermaterial und Klebstoff vorschlagen.

Design ohne Funktion – gut gemeint ist nicht gut gemacht

Ein weiteres Problem ist das Spannungsfeld zwischen Marketing und Technik. Während das Designteam auf starke Farben, auffällige Formen und besondere Veredelungen setzt, ignoriert es oft, was im Produktionsalltag funktioniert – oder nicht funktioniert.

Beispiele:

  • Schriften zu klein für Scanner
  • Farbkontraste zu schwach für maschinelles Auslesen
  • Transparente Etiketten auf dunklen Untergründen

Auch hier hilft nur eins: frühe Zusammenarbeit zwischen Design, Technik und dem Etikettenanbieter. Denn ein schön gestaltetes Etikett, das nicht lesbar ist, ist wertlos. Und genau darin liegt ein häufiger Fehler – Teams arbeiten in Silos, statt gemeinsam an einem funktionierenden Endprodukt.

Rechtliche Stolperfallen – Kennzeichnung ist kein Wunschkonzert

Ein Etikett ist nicht nur ein Informationsträger, sondern auch ein rechtlich relevantes Dokument. In vielen Branchen gelten strenge Vorschriften: etwa CLP-Verordnungen bei Gefahrstoffen, Lebensmittelkennzeichnungspflicht oder CE-Kennzeichnungen bei technischen Produkten.

Unternehmen machen häufig den Fehler, diese Vorgaben zu spät in den Gestaltungsprozess einzubinden – oder sie zu unterschätzen. Die Folge: nachträgliche Änderungen, teure Nachdrucke, verspätete Markteinführung. Wer Etiketten drucken lässt, sollte bereits vor dem Designbriefing klären, welche rechtlichen Anforderungen gelten – idealerweise in enger Absprache mit den eigenen Fachabteilungen oder externen Beratern.

🗣️ Interview: Worauf es bei technischer Kennzeichnung wirklich ankommt

Kundin betrachtet Etikett im Supermarkt

Im Gespräch mit Dipl.-Ing. Michael Kern, unabhängiger Berater für industrielle Kennzeichnungssysteme

Herr Kern, was sind aus Ihrer Sicht die drei häufigsten Fehler bei Produktkennzeichnungen?
Kern: Erstens: falsche Materialwahl. Zweitens: Vernachlässigung rechtlicher Vorgaben. Und drittens: zu spät getestete Etiketten im realen Produktionsumfeld. Diese Kombination sorgt regelmäßig für hohe Nacharbeitskosten.

Viele Firmen setzen auf Standardetiketten. Warum ist das problematisch?
Kern: Standard ist selten optimal. Wer Etiketten drucken lässt, muss die konkreten Einsatzbedingungen berücksichtigen – also Temperatur, Feuchte, Reibung oder Chemikalienkontakt. Ein universeller Kleber ist kein Garant für Haltbarkeit.

Wie wichtig ist die rechtliche Komponente?
Kern: Extrem wichtig. Falsche oder unvollständige Kennzeichnungen – etwa bei Gefahrstoffen – können Bußgelder oder Rückrufe auslösen. Unternehmen sollten sich früh mit den geltenden Kennzeichnungspflichten befassen, nicht erst beim Etikettendesign.

Was empfehlen Sie Unternehmen, die Etiketten drucken lassen wollen?
Kern: Briefing mit klaren Anforderungen. Frühzeitige Tests mit Originalmaterialien. Und vor allem: Zusammenarbeit mit einem Anbieter, der technische Beratung ernst nimmt – nicht nur den Druck.

💡 Experten-Tipp:
Wer Etiketten drucken lässt, sollte nie nur auf Optik setzen – sondern immer auf Funktionalität, Rechtssicherheit und Praxistauglichkeit.

Unterschätzte Produktionsbedingungen – Klebstoffe und Maschinen im Praxistest

Viele Etiketten funktionieren theoretisch – aber nicht auf dem konkreten Produkt oder mit den eingesetzten Maschinen. Kleber, die sich bei -20 °C perfekt halten sollen, lösen sich bei Raumtemperatur schwer. Materialien, die sich in der Musterrolle problemlos verarbeiten ließen, reißen in der Etikettieranlage bei hoher Geschwindigkeit.

Ein häufiger Fehler: Man testet Etiketten nicht unter realen Bedingungen. Ein Kleber ist nicht gleich ein Kleber – Kontaktzeit, Materialkombinationen und Aufbringdruck beeinflussen die Haftung massiv. Auch hier hilft nur: Etikettenmuster auf dem Originalprodukt testen, möglichst auf der realen Produktionslinie.

Schwache Qualitätskontrolle – was am Ende wirklich zählt

Ein vermeidbarer Fehler, der dennoch oft passiert: fehlende Kontrolle nach dem Druck. Häufig wird angenommen, dass alles korrekt umgesetzt wurde – doch das ist riskant. Fehldrucke, falsche Chargennummern oder schlechte Haftung fallen oft erst beim Kunden auf. Die Folge: Imageschaden, Rückläufer oder sogar Produktwarnungen.

Ein strukturierter Qualitätscheck – idealerweise mit Sichtprüfung, Hafttest und Funktionstest – sollte vor jeder Serienproduktion Pflicht sein. Besonders bei kritischen Anwendungen (Lebensmittel, Pharma, Elektronik) ist eine lückenlose Dokumentation essenziell.

Kommunikationslücken – wenn Anbieter und Kunde aneinander vorbeireden

Ein unterschätzter Risikofaktor ist die mangelnde Kommunikation mit dem Etikettenlieferanten. Statt Anforderungen klar zu definieren, wird auf Standardprozesse vertraut. Informationen über Lagerbedingungen, Verarbeitungsgeschwindigkeit oder spezielle Normen fehlen – oder kommen zu spät.

Ein guter Etikettenanbieter stellt Fragen. Ein exzellenter Kunde liefert Antworten. Unternehmen sollten technische Datenblätter, Anwendungsbeispiele und Zielsetzungen schon im Briefing mitgeben. Nur so kann die Druckerei exakt auf die tatsächlichen Anforderungen reagieren.

Zu spät getestet – und dann wird’s teuer

Last-Minute-Korrekturen sind teuer. Wer den Druckauftrag zu spät testet, muss mit Kosten für Nachdrucke, Ausfallzeiten und verspäteten Lieferungen rechnen. Ein Etikett ist ein Funktionsteil – kein Beiwerk. Deshalb sollte die Validierung des gesamten Etikettenkonzepts vor der Produktion erfolgen, idealerweise mit einem abgestimmten Testplan.

Zusammenarbeit statt Schuldzuweisung – der Weg zur besseren Kennzeichnung

Einheitlich etikettierte Produkte im Regal – Ergebnis professioneller Kennzeichnung

Die besten Ergebnisse entstehen durch enge Zusammenarbeit zwischen Entwicklung, Einkauf, Marketing und Lieferant. Wenn alle Parteien frühzeitig eingebunden sind, lassen sich 90 % aller Fehler vermeiden. Erfolgreiche Unternehmen behandeln Etiketten nicht als Nebensache, sondern als integralen Bestandteil ihres Produkts.

Fehlerfrei von Anfang an

Produktkennzeichnung ist kein banaler Schritt im Produktionsprozess – sie entscheidet über Funktion, Sicherheit, Rechtskonformität und Kundenwahrnehmung. Wer Etiketten drucken lässt, sollte frühzeitig, präzise und praxisnah planen. Materialien, Technik, Design und Recht müssen zusammenspielen – sonst drohen vermeidbare Fehler. Wer die hier beschriebenen Stolpersteine kennt, kann sie gezielt umgehen und sorgt damit für ein rundum professionelles Ergebnis.

Bildnachweis: Haas/peopleimages.com, Charlize D/peopleimages.com, ngamaz, Adobe Stock